Das Nachtvolk bestraft oder entführt unfolgsame Kinder

An einem Abend gingen zwei Burschen Schlitten fahren. Die Mutter hatte ihnen befohlen, bis zum Abendläuten daheim zu sein. Nun läutete es, und sie hätten heim müssen. Aber sie gingen wieder den Berg hinauf, und schon wurde es dunkle Nacht. Auf einmal begann ein Heulen, Brausen und Sausen. Da fürchteten sich die Buben und krochen unter Holzblöcke. Aber eine harte Faust packte sie und setzte sie auf den Schlitten. Auch der fremde Mann setzte sich darauf, und los ging die rasende Fahrt über Stock und Stein.

Bei einem Kreuz im Tal hielt der Schlitten, und der Mann war verschwunden. Aber welch ein Schrecken! Der Mann hatte beiden die Zipfelmütze genommen. Zitternd vor Kälte und Schrecken kamen sie beim. Sie gingen zu Bett und bekamen so ein Fieber, daß man an

ihrem Aufkommen zweifelte. Frühling, Sommer und Herbst vergingen, ehe sie wieder aufstehen konnten; aber noch immer sahen sie blaß aus. Im Winter gingen sie mit ihrem Schlitten wieder an die gleiche Stelle, wo sie das letzte Jahr waren. Auf einmal hörten sie aus dem Wald heraus ein übermütiges Gelächter. Sie fürchteten sich sehr. Nun kam ein buntgekleideter Mann aus dem Wald und gab ihnen die Kappen zurück, die er ihnen vor Jahresfrist abgenommen hatte. Und schon war er verschwunden. Als sie die Zipfelkappen aufsetzten, bekamen sie wieder ihre roten Backen und waren gesund.
Satteins

Quelle: Vom alten Glauben, Sagen aus dem Kreis Dornbirn, Walter Weinzierl u. Theo Bildstein, Dornbirn 1944, S. 16f