DER KLUSHUND AUF DEN PREDRISER WIESEN

Ums Zunachten tat auf den Predriser Wiesen oberhalb der Götzner Klause der Melki einen Abendschnitt. Er hielt inne und griff nach dem Steinfaß, um die Sense zu wetzen, da sah er im Mondlicht über das einsame Feld einen mächtigen Hund, zottelhaarig und hoch wie ein einjähriges Kalb, dahertrotten. Immer näher kam das Tier und es rollte die Augen wie Feuerscheiben. Auf einmal stand es still.

Der Klushund von Maria Rehm © Maria Rehm
Der Klushund von Maria Rehm - oft kopiert, aber nie erreicht!
© Künstlerin Maria Rehm
© Viktoria Egg-Rehm, Anita Mair-Rehm, für SAGEN.at freundlicherweise exklusiv zur Verfügung gestellt

Seine Pratzen wühlten im Boden und es fing an zu winseln, laut und jämmerlich wie ein Mensch, daß es dem Mann durch Mark und Bein fuhr. Er warf seine Sense weit weg und lief aus Leibeskräften dem Dorfe zu. Der Klushund setzte ihm nach, holte ihn aber nicht ein. Aus dem "Hirschen" schimmerte Licht durch eine Ladenspalte und voll Schrecken floh der Mäher in die Wirtsstube. Es ging schon auf halb zehn und der Wirt, der in der Brattig noch dem Mond und den Zeichen nachstudierte, war verwundert über den späten Gast. Er sah dem Melki sein stuchenbleiches Gesicht und bat ihn, zu erzählen. Als der zu Ende war, begann der Wirt und berichtete, was er von der Sache wußte: "Im Reiche draußen hatte der Krieg durch dreißig Jahre Städte und Dörfer verwüstet, die Saaten vertrampelt und Tröge und Kästen geleert. Zuletzt kamen die Schweden gar vor das feste Bregenz. Sie hätten es nimmer bekommen, denn stark war die Klus, aber ein Lochauer führte die Feinde auf heimlichem Pfad hinter die Schanzen. Unermeßlicher Jammer brach herein über die Stadt, denn viel Volk war mit Schätzen und vielerlei Habe weither geflüchtet, und die Schweden raubten und brannten. Da verlangte der gedungene Verräter den Lohn, zweihundert Kostnitzer Schillinge. Der Schwede aber schenkte ihm voll Hohn und Verachtung das goldene Kegelspiel, das nach der Rede des Volkes auf dem Schloßberg vergraben sei. Dorthin war nun nächtens mit Schaufel und Spaten sein Gang. Aber alles Schaffen und Schwitzen half nichts. Was der Verräter grub, war am Morgen wieder verfallen. Eine Weile noch trieb er sich unstet im Lande herum. Dann wurde er nicht mehr gesehen. Aber seither geistet der Klushund im Unterland, zu Zeiten aber auch auf den Predriser Wiesen und weiter hinauf. Es haben ihn viele gehört und gesehen. Zuweilen setzt er sich auch mit höhnischem Gelächter einem Fuhrwerk auf, das die Steigung zum Klaustor hinauffährt. Die Rosse mögen es dann fast nicht mehr erziehen unter der unheimlich wachsenden Last.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 80, Seite 91