Die Besenhexe

Im 16. und 17. Jahrhundert glaubte man in allen deutschen Landen, so auch in unserer Gegend, an Hexen. Alte, besonders recht häßliche Frauen, aber auch auffallend schöne Mädchen wurden mit Vorliebe der Hexerei bezichtigt und zu Tausenden auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Ein wahrer Hexenwahn hatte damals unsere Vorfahren befallen. Immer wieder wurden Frauen beschuldigt, daß sie mit dem Teufel im Bunde stehen, Menschen und Tieren Böses „anwünschen“ und im Verborgenen ihre Hexenkünste treiben. Wohl beteuerten alle ihre Unschuld, doch was nützte das? Durch die grausame Folter wurde in den meisten Fällen jedes gewünschte Geständnis erpreßt.

Die Sage erzählt :

In jener Zeit lebte auch in Lustenau eine Hexe. Sie stand mit dem Bösen im Bunde, mit dessen Hilfe sie allerlei Hexenkünste trieb. Als sie eines Tages ihr Mittagessen kochte und das Schmalz schon in die Pfanne gegeben hatte, bemerkte sie, daß ihr die Zwiebeln fehlten. Sie nahm ihre Zauberkunst zu Hilfe, setzte sich auf einen Besen und sagte: „Bäoso wohl-uf und neona a!“ Pfeilschnell flog sie, auf dem Besen reitend, durch den Kamin hinaus und hinunter bis nach Konstanz. Dort kaufte sie auf dem Markt Zwiebeln und war mit diesen zurück, ehe das Schmalz in der Pfanne richtig heiß geworden war.

Die Hexe hatte eine alte Magd. Als diese einmal dringend etwas zu besorgen hatte und die Meisterin nicht anwesend war, wollte sie, um ihre müden Füße zu schonen, es auch einmal mit dem Zauberbesen versuchen. Sie setzte sich rittlings auf den Besen, konnte sich aber des Zauberspruches nicht mehr so recht entsinnen und sagte: „Bäoso wohl-uf und überall a!“ Flugs wirbelte sie den Kamin hinauf, doch stieß sie dabei so heftig an die Wände und gegen den Kaminhut, daß sie halbtot in die Küche zurückfiel. Darüber war die Magd so erzürnt, daß sie die Meisterin ob ihrer schwarzen Künste anklagte. Dieser wurde der Hexenprozeß gemacht und bald darauf hauchte sie auf dem brennenden Scheiterhaufen ihre schwarze Hexenseele aus.

Quelle: Brauchtum, Sagen und Chronik, Hannes Grabher, Lustenau 1956, S. 29