Der Geist am Burgfeld

Nachts geistert an der Weiler Halde, wo der Weg zum Burgfeld ist, ein großes schwarzes Schwein. Es ist der Sohn von einem Burgherrn, welcher ein unguter wüster Kerl war, ein bodenloser Unhold, und den Weibern und Mädchen ohne Mitleid nachgestellt hat. Jetzt muß er zur Strafe als ein geiles verachtetes Tier geistern. Einmal sind sie im untersten Haus von der Halde zur Nachtstunde beisammen gewesen. Da wettet ein Bub, daß alles nur ein leerer Glaube von verschrobenen Leuten sei; er getraue sich jetzt gleich mitten in der Nacht bis zum obersten Haus am Burgfeld hinauf, es begegne ihm gewiß nirgends ein Schwein. Lachend ist er

im Übermut aus der Stube hinausgegangen, aber schneeweiß und verschreckt ist er im obersten Haus angekommen. An einer Kurve ist ein Schwein auf ihn losgegangen, ein schwarzes riesiges, daß ihm vor Angst und Schrecken die Knie noch lange gezittert haben. Oft kommt das fürchterliche Schwein sogar bis ins Dorf hinab. Ein alter Mann in der Schwarzagass' (Schwarze Gasse) hat einmal im Winter an einem Morgen vor drei Uhr in der Früh fort müssen, und wie er vor die Haustüre hinaus kommt, sieht er ein Allerweltsschwein allein die stockdunkle Gasse herablaufen. Es ist dem Mann eigenartig vorgekommen, und er hat überall nachgefragt, ob ein Schwein ausgekommen sei. Es ist aber nirgends eines entlaufen gewesen. Da ist ihm klargeworden, wer das Tier gewesen sei.

Quelle: Zentralarchiv der deutschen Volkserzählung, Marburg, 180006, Anna Hensler, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 146f