Vom roten Stein in der Fridolinskapelle

Geht man bei der Kirche am Frauenberg durch den alten von der Burgmauer eingeengten Freithof [Friedhof] gegen den ehemaligen Wehrgang, den Umlauf, hinauf, so kommt man zur Fridolinskapelle. Wenn es wahr ist, daß dieselbe die Herrengeschlechter des Gaues zum Danke für die Errettung aus drohender Gefahr bei einem Gerichtstage auf Müsinen erstellten, so haben sie nicht allzu tief in ihre Säckel gegriffen; denn dieses Kapellchen ist gar niedrig und armselig unter die Pfarrkirche eingebaut.1)

Vom roten Stein darin weiß das Volk, daß er aus der Gastra 2), dem steilen Waldhange oberhalb Rankweil, stamme, wohin St. Fridolin von der Thingstätte weggegangen war, um zu beten. Dabei war er auf diesen Stein gekniet, und wunderbarerweise wurde derselbe unter ihm weich wie Wachs, so daß man die Eindrücke seiner Knie noch heutzutage sehen kann.

Wer Gliederschmerzen hat, mag in dieselben knien, er wird geheilt werden.3)

1) Als die „Fridolinskapelle", die von den erretteten Gaurichtern erbaut sein soll, gilt der dunkle Kapellenraum linkerhand der offenen Bogenhalle beim Ansatz der hölzernen Aufgangstreppe; der kleine Kapellraum mit dem roten Stein heißt „Fridolinsstein-Kapelle" (A. d. H.).
2) Gastra — Castra, Lager, Waffenplatz. Die Höhe beherrschte den Zugang zur Satteinser Gegend und den innern Walgau und mag mit dem Verteidigungssystem von Clunia im Zusammenhang gewesen sein.
3) So nach einer um das Jahr 1810 vom Sohne des bekannten Lehrers Rheinberger abgeschriebenen „Alten Chronik" eines gewissen Häusle (Pfarrarchiv Rankweil).


Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 17