Die Franzosenkapelle in Klaus

In Klaus nahe beim Schulhaus ist eine kleine Kapelle, die der Franzosenzeit entstammt:

Es war anno 1800. Die Franzosen lagerten in der Schweiz und im Unterland, und die Oberländer Bauern hatten neben kaiserlichem Militär die Wache am Kobel und am Rhein. Nur Weiber und Kinder waren in den Dörfern, als plötzlich der Schreckensruf erscholl, der Feind sei am Kobel durchgebrochen. Ein wildes Flüchten in die Berge hub an, so hastig und eilig, daß manche Mutter ein Kind vergaß. So hat man mir oft erzählt, wie meine Urahne, die Watzeneggerin aus Weiler, solch' ein zurückgelassenes mit sich genommen. Sie war eine der Letzten, die aus dem Dorfe flohen. Den kleinen Buben hatte sie aufs Roß gesetzt, das sie am Zügel führte, während der größere neben ihr herstapfte und sie dabei am Rock hielt. Da hörte sie im Nachbarhause weinen, sah nach, fand ein zurückgebliebenes Kind, nahm auch dieses mit und kam nach vielen Mühsalen, da der Weg schon mit mächtigen Bäumen verhauen war, auf Fraxern an.

Auch in Klaus in der Vorstadt wurde ein Kind vergessen und erst nach Tagen wieder gefunden. Außer diesem blieben nur zwei Menschen im ganzen großen Dorfe zurück, ein uraltes Weiblein und ein kränkelnder Mann, der, als alle flüchteten, nicht von daheim fortzubringen war. Beim Nahen der Franzosen schaute er in seinem roten Brusttuch aus dem Fenster oder sprang, wie andere wissen wollen, voll Schreck durch dasselbe heraus und wurde von ihnen niedergeschossen, obwohl er nichts Feindliches tat. Aber seine Tracht war den Franzosen von den Kämpfen unten am Ried bekannt; Männer in solchen Brusttüchern hatten sich ihnen noch entgegengestellt, als alle anderen bereits geflohen waren, und sie mochten einen Ueberfall fürchten oder übten Rache. - In der Kapelle, die zum Gedächtnis beim Hause errichtet wurde, sah man noch lange ein Bild, das an den Vorfall erinnerte: Der von den Franzosen erschossene Bauer in seiner alten Tracht mit rotem Brusttuch, kurzen Lederhosen und weißen Strümpfen, auf grünem Felde kniend, und am Himmel oben zwischen Wolken die Gottesmutter.

Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 13f