Das Steinkreuz am Bartelmäberg

Bei der alten Kirche am Bartelmäberg steht ein uraltes, steingehauenes Kreuz, das so niedrig ist, daß es nicht einmal zu eines Mannes Knie hinaufreicht.* Wie die düstre Sage meldet, hat an dieser Stelle der Erdboden einen Frevler verschlungen.

Ein Bergknappe, der einem Meiggi die Heirat versprochen hatte, wurde ihr untreu und ging mit einer andern. Als sie ihn zur Rede stellte, leugnete er alles ab und verschwor sich: „Wenn ich die andere heirate, soll mich der Teufel holen!" Er aber war mit dieser andern schon am Markt in Bludenz gewesen; sie hatten dort alles zur Hochzeit gekramt, und nach wenigen Wochen führte er die zweite Braut zum Altare und achtete nicht mehr des verlassenen Meiggis und des fürchterlichen Schwures, den er getan. Als er aber in der Kirche war und der Priester daranging, die Gespusen einzusegnen, floh der Bursche auf einmal wie in tödlicher Angst von der Seite der Braut weg; und er floh zur Kirche hinaus und weiter über den Friedhof und mit einem Sprung über die Litauer, als ob ihn der Böse jage. Der Mesner, der ihm folgte, sah nur noch, wie am Orte, wo jetzt das Steinkreuz steht, der Erdboden klaffte und sich wieder schloß. Der Bursche war spurlos verschwanden. Der Teufel hatte ihn vom Altare geholt, und, ob er auch floh, er hatte ihn außer der Kirche erreicht, und der Schoß der Erde hatte den Frevler in Nacht und Tod verschlungen.

Das ist die Sage vom Steinkreuz am Bartelmäberg.

* Es ist nur 40 Zentimeter hoch.

Quelle: Anna Hensler, in: Rund um Vorarlberger Gotteshäuser, Heimatbilder aus Geschichte, Legende, Kunst und Brauchtum, Bregenz 1936, S. 57