ES FEHLT EIN BEINLEIN

Auf Mansaura, hoch droben über der Zelfen bei Tschagguns, da versorgte eine Futtermagd eine Habe Vieh in einer Maiensäßhütte. In diese Hütte zog einmal um Mitternacht eine ganze Bande von Bützen ein und fing an zu sieden und zu braten, zu schmausen und zu zechen. Am frühen Morgen fuhren sie wieder ab, und einer der Bande rief: "Es fehlt ein Beinlein, schnitzet ein Hölzlein." Die Magd fand nach dem Abzug dieser unheimlichen Gäste in dem Stüble, dem Schauplatze des Gelages, weiter nichts als - Roßdreck. Als sie aber dann in den Stall kam und schmeichelnd mit der Hand über den Rücken ihrer Lieblingskuh fuhr, mit den Worten: "Behüt dich Gott und besegne dich Gott", da stürzte die Kuh einermal zusammen und wurde immer kleiner und kleiner. Zuletzt lag nur noch die leere Haut am Boden, wie man sie zum Gerber trägt. Darin waren die Knochen eingewickelt und bei denselben lag ein geschnitztes Hölzlein.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 185, Seite 143