Kaiser Maximilian I. in Feldkirch

Maximilian beschloß, im Jahre 1510 seine Vorlande zu besuchen und in Augsburg auf einem Reichstage die venezianischen Angelegenheiten vorzunehmen. Auf die Frage, ob die Reise über den Fehren durch das Allgäu oder über die Arien nach Feldkirch beliebe, antwortete der Kaiser scherzend: „Er habe zu Feldkirch schon sehr große Ehren empfangen; und die Burger daselbst haben Ihm mit besten Trunk also aufgewartet, daß Er vermeine, wenn Unser Lieber Herr dorthin käme, Er müßte ein Räuschlein trinken.“

Am Vorabend von Maria Geburt 1510 ritt Seine Majestät mit dem hispanischen Botschafter - einem Bischofe - in Feldkirch ein und stieg in dem Haus des Grafen Ballwier ab. Der bischöfliche Begleiter hielt am folgenden Tage in der Pfarrkirche das Hochamt, dem der Kaiser zur Erbauung des ganzen Volkes mit großer Andacht beiwohnte. Nach der Mittagtafel kamen die Landleute in die Stadt, ihren Kaiser und Herrn zu sehen und zu verehren; sie wurden in das Johanniterhaus beschieden, wo man ihnen für 20 Gulden Wein und Brot verabreichte. „Davon wurden sie voll und toll, und sehr ungeschickt, also daß Ihre Majestät dessen genug zu lachen hätte.“

Am Montag darnach machte sich Maximilian das Vergnügen einer Jagd in Nenzing. Abends zog ihm die Bürgerschaft in voller Rüstung auf den Nenzengast entgegen; der Kaiser ließ sie voranziehen und gab ihnen ein Geschenk von 30 Gulden, die nach altdeutscher Sitte in dem Herrengarten vertrunken wurden. Ohne Weiber

und Kinder zu zählen, belustigten sich mit diesem Gelde 250 Bürger, immer hörte man nur: Vivat Maximilianus!

Dienstag setzte der Landesfürst seine Reise über Bregenz, Lindau und Überlingen nach Konstanz fort; da verschloß man ihm die Tore, und das Nachtlager mußte in dem Kloster Petershausen genommen werden. Diesen Frevel zu züchtigen, wurden im Hegau sogleich 5000 Mann aufgeboten; frühzeitig bereute jedoch Konstanz den verwegenen Schritt und schickte den Torschlüssel noch in der Nacht an den Kaiser. Seine Empfindlichkeit fühlen lassend, nahm er die Schlüssel nicht an, sondern ließ sie seiner Ehrenbegleitung aus Überlingen, Lindau und Bregenz überreichen.

Quelle: Franz Jos. Weizenegger und Meinrad Merkle, Vorarlberg. Aus den Papieren des F.J. Weizenegger, bearb. und herausgegeben v. Merkle, 3 Bde., Innsbruck 1839 (Nachdruck: Bregenz 1989), zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 98f