Der Schutzgeist

Einmal wollte ein Mann aus der Schwende mit Erlaubnis der Alpbesitzer auf der Hintern ein Bündel Heu holen. Er hatte das Heu schon gefaßt, gebunden, auf den Rücken genommen und ging mit der Last über die Ebene Saubüchel herab. Da trat ihm ein Fremder entgegen, nahm ihm das Heu ab, eilte damit wieder der Alphütte zu und trug es an den alten Ort. Der Schwendemann lief hinterher, nahm das Bündel vom Heuboden wieder auf, kam jedoch wieder nicht weiter als bis an den genannten Platz: Der gleiche Fremdling war schon da und machte es ihm wie das erstemal. So ging es öfters. Die Angehörigen des Schwendners bekamen ob seines langen Ausbleibens Angst, gingen das Glaubicht hinauf, der Hintern zu ihm entgegen. Oben angekommen, sahen sie den Gesuchten mit dem Heu über die Ebene herabkommen, und in der Meinung, er werde bald nachkommen, kehrten sie nach Hause. Doch erst lange Zeit nach ihnen kam der Ärmste ohne Heu ganz bleich und entsetzt, von Fieberschauern geschüttelt an. Er legte sich zu Bette und stund erst nach geraumer Zeit von schwerer Krankheit wieder auf.

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Ein anderes Mal fuhr ein Bregenzerwälder mit vier Pferden im Herbste hinauf zur Alphütte, um Käs zu holen. Auf dem Wirtboden kam ihm ein Mann entgegen, nahm die Pferde beim Zügel, führte sie dienstbeflissen zur Hütte, half den mitgebrachten Proviant ab- und am Morgen die Käse wieder aufladen. Hernach verschwand er plötzlich, wie er gekommen.

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Eines Abends waren die Alpknechte in der Sennhütte zum abendlichen Psalter versammelt. Während sie beteten, sahen sie, wie drei Männer von verschiedener Seite der Hütte sich näherten: der eine vom Wasserfalle (von der Mittagspitze), der andere vom Wirtboden, der dritte vom Heumoos her. Bei der Hütte trafen sie zu gleicher Zeit ein, mischten sich unter die Betenden und harrten aus, bis der Psalter zu Ende war. Dann verschwanden sie.

 

Quelle: Josef Grabherr, Sagen in Damüls, in: Kathol. Volkskalender 1898, S. 128f, zit. nach Sagen aus Vorarlberg, Hrsg. Leander Petzoldt, München 1994, S. 157f