450. Um Geld beten

Früher hat man am Tannberg öfters versucht, durch unausgesetztes Beten große Reichtümer zu erlangen. Vor etwa fünfzig Jahren war ein Mann in der Gemeinde Lech, der durch Beten reich zu werden hoffte. Es seien ihm verschiedene Geister erschienen, sagte er, die er erlösen müsse. Während des Betens klingelte er mit einem Lorettaschellelein und die Geister sollen ihm dann geantwortet haben. Er besprengte sich und seine Kammer auch häufig mit Weihwasser.

Dieser Mann, Christian Jochum, übersiedelte in den Fünfzigerjahren nach Schröcken, und bald kamen mehrere Frauen und Männer häufig in sein Haus zu gemeinschaftlichem Gebet. Das einemal war jemand dabei, der nicht fest glaubte, und da war das Beten umsonst. Das anderemal vereitelte wieder ein unwürdiges Mitglied den Erfolg. Man hätte eben durch dieses Beten eine steinreiche Engländer-Familie erlösen müssen, dann hätte man deren Vermögen bekommen. — Man machte gemeinschaftlich das Gelübde, auf dem Bühel ein Kloster bauen zu lassen. Eine Frau gelobte zudem, acht Tage lang eine Tanzmusik frei zu halten, falls das Geld käme. Während des Betens hörten die Teilnehmer häufig vom nahen Bühel her das Glockengeläute des zukünftigen Klosters. Einmal sahen sie auch, wie fremde Leute eine großmächtige Kiste voll Geld an dem Hause vorbeizogen, in dem sie beteten. — Auch in ändern Häusern wurde gebetet, mit dem gleichen Erfolg. Später betete Christian J. allein. Einmal hatte er zwei Tage und Nächte unausgesetzt gebetet, da erschienen an den Wänden seines verschlossenen Zimmers viele Zahlen und Worte. Er war aber nicht imstande, die Worte und Zahlen aufzuschreiben, denn sie verschwanden alsbald. Daraus erkannte der Mann, daß er noch zu wenig gebetet hatte, aber er mochte es nimmer länger ausholten.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 450, S. 250f