DIE ALDEENALPE

Nordöstlich von Bezau liegt der Vorsäß Sonderdach. Wenn man von dort nach Südwesten schaut, so erscheint in weiter Ferne ein auch im Hochsommer mit Schnee bedeckter Berg, den das Volk Aldeenalpe nennt. Es ist aber in Wirklichkeit der große Säntis in der Schweiz. über die von ewigem Schnee bedeckte Alpe geht im Bregenzerwälder Volk diese Sage- Vor Zeiten war die Aldeenalpe reich an Gras und Kräutern wie keine zweite. Die Kühe gaben doppelt soviel Milch als auf anderen Alpen. Der übergroße Segen aber machte die Besitzer übermütig, hart und gottlos. Sie lebten in Saus und Braus, verschwendeten die Gaben Gottes und waren gegen die Armen hart und lieblos. Als unser Herrgott die Klagen der Armen über dieses Tun und Treiben lange genug angehört hatte, wollte er sich in eigener Person von dem Frevelmut überzeugen und mit den Leuten ins Gericht gehen. Er nahm Kleidung und Gestalt eines Bettlers an, trat in die Sennhütte und bat flehentlich um ein Almosen. Die übermütigen Knechte ließen sich von ihm das Näpflein geben, das er mit sich trug, und füllten es mit Kuhmist auf. Darauf legten sie eine Schicht Schmalz und gaben das Geschirr dem Mann, den sie nur für einen Bettler hielten, zurück. Der nahm es mit strenger Miene an und sprach beim Weggehen die Worte:


"Aldee, Aldee,
Di sieh i nimma, meh."


Kaum war der Bettler aus der Hütte, so zog ein schwarzes Gewitter heran. Es fing an zu schneien, daß weder Mensch noch Tier sich flüchten konnten, sondern auf elende Weise umkamen. Seit dieser Zeit liegt jahraus, jahrein tiefer Schnee auf der Alpe.


Quelle: Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein, Franz Josef Vonbun, Nr. 21, Seite 63