594. Unseres Herrgotts Wetter

Es war einmal ein rechter Mann, der hat's nie leiden mögen, daß man über das Wetter klagte. Wenn der Föhn im Frühling alles vorzeitig treiben ließ und dann die Eismänner mit der Kälte einsetzten und es erfrörten, und wenn Regenwasser ins Heu rieselte ohne Aufhören oder gar der Hagel ins Korn schlug, so sagte er doch allemal: „Es ist unseres Herrgotts Wetter." Und wie man lebt, so stirbt man. — Der Mann lag auf dem Totenbett aufgebahrt. Am Abend kamen die Leute in die Stube und beteten, wie es Brauch ist, gegen die offene Tür zum Gaden, wo er aufgebettet war. Danach standen sie noch und redeten stiIll einer zum ändern und einer fragte: „Was wird wohl der Hannes für Wetter haben, ob er noch unseres Herrgotts Wetter hat?" Da richtete sich die Leiche im Bette auf und sagte in der alten guten Art: „Ja, es ist unseres Herrgotts Wetter!" und legte sich wieder hin.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 594, S. 312