75. Der Wein in der heiligen Nacht!

Wunder und Geheimnis erfüllen die Weihnacht. Fromme Leute können auf dem Wege zur Christmette sehen, wie die Engel am sternhellen Himmel schweben. Die Tiere reden und Wasser wird zu Wein. So hat es immer geheißen. Ein leichtsinniger Wälderbursche aber spottete einst darüber und verredete sich gar sündlich, er wolle doch sehen, ob's wahr sei, und den Wein im Weiher verkosten, dann gäbe es einmal genug zu trinken!

— Als der Weihnachtsabend kam, ging er beim elften Stundenschlag mit vier wüsten Gesellen zum Weiher, schöpfte mit dem Becher daraus und frevelte: „Weihnachtsgöble, ich tue dir iz Bschoid mit dem Wing." Kaum hatte er dies Wort gesprochen, so stürzte sich der Teufel auf ihn und riß ihn hinab in die Tiefe des Wassers. Seinen Angstschrei hörten die andern noch, aber sie sahen den Unseligen nirgends mehr und flohen entsetzt.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 75, S. 62