125. Die schwarze Sau

Anfangs dieser Woche ging eine Greisin vorüber, ein großes Weib, gestützt auf einen Stock. Ich bettelte sie herauf, versprach ihr einen heißen Wein und ließ ihr ein Viertel holen. Sie ist schon bald neunzig Jahre und im Spital. Sie hat geweint, wie ungern sie da draußen sei. Wenn sie ihre Verwandten holen, dann werde sie mir viel erzählen, dann sei sie bessern Humors. Alte Leute haben viel erfahren und eben das mit der Sau in der Bäumlegasse sei ihr selbst passiert.

Sie war eine Restenhändlerin aus Lustenau und viel bei Nacht auf dem Wege. Es war halbelf und Mondschein, da kam eine große schwarze Sau hart an ihr vorbei. Sie mußte ausstellen. Dann ging sie am Weg noch in ein Haus, hatte etwas zu tun und sagte, es sei jemand eine Sau ausgekommen. „Oh mein Gott", sagten sie, „Zezill, bleiben Sie heute da, gehen Sie nicht mehr nach Lustenau". Nein, sie müsse noch. Sie ging und wie sie auf die Straße kam, sei es so gewesen, wie wenn sie auf einem Federbett laufe und in der Luft habe es gelärmt. Sie fing an, den armen Seelen einen Rosenkranz zu beten. Ein großes Stück mußte sie in Federn laufen. Wie sie an eine bestimmte Stelle kam, sei etwas vor ihrer Seite weggesprungen und der Weg war wieder wie früher.

Sie kam wieder in jenes Haus, wo sie sollte über die Nacht bleiben. Da habe man ihr gesagt, das sei eine andere Sau. Im Rohrbach sei einmal ein recht schlechtes Weibsbild gewesen und eine Hure und eine Verleumderin; alles was nichts nutz war, habe sie getrieben. Dieser habe man die schwarze Sau gesagt und als solche müsse sie wandeln.

Ein Mann ist im Rohrbach oft abends mähen gegangen, da habe er die schwarze Sau gesehen. Dann habe er wollen die Sense in sie hauen, da sei sie wieder das größte Stück von ihm weg gewesen.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 125, S. 87f