209. Der Klushund und das Rappengespann

Auf der alten Landstraße, die früher vom Götzner Kobel dem Walde nach zum Schwefel führte, konnte mancher schon unheimliche Dinge sehen, wenn er spät in der Nacht auf dem Weg war. Manchmal begegnete man dem Klushund, der mit einem Brief im Maul vorbeilief, oder man sah gar den fliegenden Postwagen. So ist es auch einmal einem Mann gegangen, dem Großvater meiner Großmutter, der eine Wallfahrt nach Rankweil machen wollte. Als er daheim fortging, war er der Meinung, daß es bald Morgen sei, wie er aber in Götzis war, hörte er, daß die Uhr erst zwölf schlug. Seine Uhr war also ganz falsch gegangen und er hatte in der Geisterstunde den Weg über die alte Landstraße gemacht. Als er schon fast beim Kobel angekommen war, sah er auf einmal ein Fuhrwerk in die alte Straße einbiegen, das in rasendem Galopp dahinsauste. Zwei kohlschwarze Rappen zogen den Wagen, der mehr zu fliegen als zu fahren schien. Hinten jagten dem Gespann zwei rabenschwarze Hunde nach, die in mächtigen Sätzen am Wagen hinaufsprangen. Man war der Meinung, daß einer aus der Schwedenzeit so geisten müsse, weil er dem Feind verräterischerweise eine Nachricht hinterbracht habe. Weil damals ein Weg nur dem Wald entlang führte, habe der Verräter diesen benutzt, als er seine elende Tat vollführte. So müsse er, meint man, auch zu seinen nächtlichen Geisterfahrten den alten Weg nehmen.


Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 209, S. 125f