262. Die Pest in Feldkirch

Vom Liechtensteinischen kamen zwei Gespenster der Ill zu; das eine trug einen Besen, das andere eine Schaufel. Am Flusse sagte das eine zum ändern: „Geh du da und schaufle da durch, und ich geh da und kehre da durch!" So teilten sie sich in die Täler. Es war das große Sterben. Wen es nur ansah, der taumelte und ward schwarz; wer nur nieste, krankte an Fieber und fiel selbigen Tages tot auf den Boden. Am Niesen zeigte es sich, und die Leute sagten da voll Angst: „Helf Gott!" und „Helf Gott allen!" — In Feldkirch starben in einem Jahre vierhundert Menschen (1465) und der Salzmarkt konnte nicht mehr auf der Illbrücke gehalten werden, er wurde in die Tschalenga bei Bludenz verlegt. Zweihundert Jahre später, im Jahre 1647, kam die Pest mit den Schweden wieder. Da ward in der Stadt der siebte Teil der Häuser ganz leer und das Sterben hörte erst auf, als die Bürger gelobten, eine Kirche zu bauen. Es ist die Kirche Unserer lieben Frau beim Churertor.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 262, S. 153