39. Der Melker

Ein Bauer in Hörbranz hatte zehn Kühe. Der Nachbar hatte nur zwei und doch mehr Schmalz als der andere. Früh, wenn man in den Stall des Reichen kam, waren die Kühe ganz strublig und geschwitzt, naß und dreckig, und gaben fast keinen Tropfen Milch mehr. Man holte den Tierarzt. Er konnte an den Tieren nichts erkennen, als daß sie schon gemolken seien. Da gingen die Leute in den Stall passen und schlössen überall zu. Auf einmal tat sich die Stalltüre auf und es kam der nächste Nachbar herein, der ging herum und steckte bei jeder Kuh so zehn Minuten lang den Schnetzer (ein Messer) in die Wand. Wie er fertig war und gehen wollte, kamen sie hervor, verschlugen ihn derart, daß er nicht mehr gehen konnte, und steckten ihm noch dazu den Schnetzer in den Hintern. In diesem Schnetzer seien drei Kreuze gewesen. Von dort an haben die Kühe wieder Milch gegeben wie früher.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 39, S. 47