96. Der Geißelstock

Ein Knecht fuhr mit zwei Rossen in die Grasalpe bei Au, um Käs zu holen. Wie er vor der Alpe ankommt, tritt aus der Hütte ein Mann, der keinen Kopf hat. Trotzdem versorgt er dem Knecht die Rosse, und als der Knecht am ändern Morgen in aller Frühe wieder abfahren will, kommt der Geist wieder herbei, spannt die Pferde ein, füttert sie noch und macht alles zur Abfahrt fertig. Wie der Knecht aber beim Alpgatter ankommt, hört er den Mann rufen: „So, jetzt bin ich erlöst!" Er kommt und will dem Knecht die Hand geben, der aber hält ihm glücklicherweise statt der Hand den Peitschenstiel entgegen, in dem noch lange die Spuren der fünf Finger zu sehen waren. In Au soll eine Wirtschaft mit dem Namen „Goaßlstock" noch lange an jenes Vorkommnis erinnert haben.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 96, S. 72