364. Der Fuchs im Rinderertobel

Zu Buchboden im Rinderertobel geistet ein Fuchs und begleitet nicht selten die nächtlichen Wanderer. Er behauptet dabei stets den Weg und geht ein paar Schritte voraus. Besonders die Stubetebuben wissen von seinem "freundlichen" Begleiten zu erzählen.

Ich bin einmal bei hellem Mondschein zu einem Meiggi z'Hengert und da hob ich durch das Tobel müssen. Auf der rechten Tobelseite ist ob dem Weg ein gräuselig großer Stein, und wo ich in die Nähe von dem Stein komm, hocket ein großer Fuchs drauf droben. Es ist mir dort schon ein bißchen warm geworden und ich hob bei mir selbst gedacht: Du bist kein gehöriger Fuchs, du bist mehr ein Gespenst. No, ich bin zum Meiggi zur Stuberte gegangen, bin aber, ich weiß nicht wie, gar nicht kurzweilig gewesen. Der Fuchs hat mir nicht aus dem Kopf wollen. Und da hob ich angefangen gräuselig Branntwein trinken, daß ich Kurasche überkomme zum Heimgehen. Im Halbdusel bin ich dann fort vom Meiggi, und wo ich in die Nähe vom Stein komm, hocket der Teifelsfuchs noch droben und hat mich schützle anglaaret. Da ist mein Räuschlein schon vergangen. Jetzt, ich hob gemeint, er bleibe hocken, kommt der Koga noch auf den Weg abher und geht gstet vor mir hin und ich nach. So sind mir mitnand an den Tobelbach gekommen. Der Fuchs ist über den Steg gegangen und ich bin durchs Wasser gewatet. Auf der ändern Tobelseite ist der Fuchs allweg größer geworden und zuletzt ist er gewesen so groß wie ein Kalb, über dem Tobel ist er über den Weg aus und hat mir noch ein paar scharfe Blicke gegeben, man hätte können mit ihnen ein ganzes Kesse voller Milch dick machen. Die Blicke sind mir durch Mark und Bein gegangen. In der Furcht bin ich heimgeloffen wie geflogen. Keinen Zaun und kein Gatter hob ich mehr geachtet, über alles bin ich ausgesprungen, ich hab's nicht mehr gemerkt. Und so bin ich heimgekommen, ich weiß nicht wie. Am Morgen hob ich einen geschwollenen Kopf gehabt. Dorthin bin ich aber nicht mehr zur Stubete. 's Meiggi hätte vor Zorn den Fuchs grad verwürgen mögen.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 364, S. 208f