423. Die Frühmeßpfründe in Lech

Pfarrer Strolz stiftete fünftausend alte Gulden zu einer Frühmesse in Lech. Laut Stiftbrief sollte diese Pfründe bis zu einer bestimmten Frist besetzt werden, sonst aber das Kapital seinen Erben zufallen. Diese Zeit war beinahe abgelaufen und noch kein Frühmesser am Lech. Da sah der alte Mesner öfters eine sonderbare Erscheinung. Wenn er nämlich am Morgen zur Kirche ging, um den Englischen Gruß zu läuten, las auf dem Plazidusaltar ein fremder Priester die hl. Messe und fremde Ministranten dienten ihm. Wenn der Mesner vom Läuten aus dem Turme herabkam, war das sonderbare Gesicht verschwunden. Pfarrer und Vorsteher schenkten dem biederen Mesner keinen Glauben. Der aber versorgte sich mit Zeugnissen über seine Pflichttreue und Wahrheitsliebe und reiste getrost fort, um einen Frühmesser zu holen. Die Erben des Stifters spotteten, der Mesner wolle die Scheiterschere suchen, das hieß damals, er werde einen nutzlosen Gang machen. Tatsächlich kam aber der Mesner nach einigen Tagen schon mit dem ersten Frühmesser von Lech hier an.

Quelle: Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953, Nr. 423, S. 238