VOM BAUERN, DER DIE KALTE PEIN LEIDET

Es war einmal ein Bauer, der stak in Schulden und war rechtarm und konnte sich nicht helfen. Da gieng er einmal in den Wald hinaus, ganz in Verzweiflung. Wie er so dahinwandelte, kam ein Mann in altfränkischer Tracht auf ihn zu, der redete ihn an: "halt, du bist wohl recht arm und weißt keinen Rath." "Ja freilich, erwiderte der Bauer, ich bin recht arm und kann Geld und guten Rath brauchen." "Ich will dir helfen, sagte der seltsame Mann, ich will dir Geld genug geben, und darfst nichts anderes thun, als, wenn du gestorben bist, für mich die kalte Pein leiden. Es wird dir sonst nichts geschehen, blos wirst du immer zu kalt haben." Der Bauer gieng darauf ein.
Als er nach Hause kam, sprangen ihm schon seine drei Buben entgegen, die hatten alle Milchschüsseln voll Geld. Es gab nun ein lustiges Leben, der Bauer zahlte seine Schulden, lebte aber immer fromm bis an seinen Tod. Bevor er starb, ließ er sich Hose, Joppe, Haube und Handschuhe aus dickem Loden machen, denn er mußte ja bald die kalte Pein antreten, um den Geist, der ihm das Geld gebracht, zu erlösen.
Er starb.
Abends beim Betläuten sahen seine Buben, wie er vom Hause fortgieng, im lodenen Gewande, hinten durch den Garten, und den Gatter (das Gitter) hinter sich schloß. Die Leiche war auch nicht mehr zu finden. Er ist aber auf den Glungezer gegangen und hat dort die kalte Pein angetreten, die er annoch leidet. (Bei Innsbruck.)


Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 503, Seite 280