St. Georgenberg

Als die Maurer und Zimmerleute angefangen hatten am Kloster zu bauen, sind sie jederzeit mit Unglück vor der Arbeit gestanden, denn sie haben sich übel verwundet oder zerfallen. Zu dem sollen, wie die alten Schriften vermelden, alle Tag zwo weiße Tauben kommen sein, so die blutigen Schoten in ihre Schnäblein genommen und an das Ort getragen haben, wo anjetzt obbemeldetes Gotteshaus steht, allermaßen, wie mit dem Kloster zu Steinach in Algund beschehen sein soll. Als nun der Bau keinen Fortgang gewonnen, hingegen die Tauben alle Tag herzukamen, so die blutigen Schoten hinweg tragen, hat der Einsiedel und die Arbeiter beschlossen, dieser Bau werde dem Willen Gottes zuwider sein, man solle den Tauben nachsehen, wohin sie obbemeldete Schoten trugen und niederlegen. Darauf sind sie sämmtlich einmals den Tauben nachgefolgt und nachgegangen so weit, bis sie kamen auf den spitzigen Felsen, da jetzt das Gotteshaus steht.

Holzschnitt St. Georgenberg ©  Sammlung Morscher
Holzschnitt St. Georgenberg, © Sammlung Morscher
Künstler: Alois Konrad Schwärzler, Kramsach

Alda sahen sie die Tauben die blutigen Schoten zusammentragen und richten mit ihren Schnäblein in Form einer Kapellen. Darauf fiel derselbige Einsiedel nieder auf seine Knie sammt den Werkleuten, lobet Gott und verspricht ihm, daß er alsbald daselbst eine Kapelle sammt einer Zelle auferbauen welle, so er auch darum in die Ehre des h. Ritters Georgi aufrichten lassen. (Nach Bruglechner.)


Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 292, Seite 176.