Der Schneiderlehrling
        
        Vor zwölf Jahren gieng mitten im Winter 
        ein Schneiderlehrling spät abends nach Hause. Als er über den 
        Kapuzinersteig gieng, standen plötzlich drei alte Weiber, deren jede 
        eine altmodische Haube trug und in Hemdärmeln war, vor ihm; die letzte 
        zog einen Besen nach. Obwohl im die Sache nicht richtig vorkam, sagte 
        er freundlich: "Gute Nacht !" und wollte vorbeigehen. Da riefen sie: "Wart, 
        wir wollen dir eine gute Nacht geben," ergriffen ihn und zogen ihn durch 
        den Bach bis zu einem Gestäude, wo sie verschwanden. Zitternd vor 
        Kälte kam er nach Hause und gieng in Zukunft nie mehr ohne Scapulier 
        aus. (Eppan.)
        
        
        Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben 
        von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 730, Seite 413.