Die Salingen in der Wäschfratten
        
        In den "Wäschfratten" hielten sich die Salingen 
        am liebsten auf, bis endlich die Knappen dort einzogen und die Frauen 
        mit ihrem Lärm vertrieben. Als die Saligen noch dort wohnten, sah 
        einmal ein braver Bursche die schönen Frauen und verliebte sich in 
        die jüngste. Er schlich sich nun oft in die "Wäschfratten" und 
        endlich glückte es ihm, daß die Frauen ihn ansprachen und freundlich 
        aufnahmen. Er kam nun öfters mit ihnen zusammen und einmal faßte 
        er den Mut, teilte der jüngsten seine Liebe mit und sagte, wenn sie 
        ihn nicht möge, müsse er bald sterben. Da trösteten ihn 
        die Frauen und die jüngste mahnte ihn zur Geduld. Später sagte 
        sie ihm ihre Hand zu mit den Worten: "Ich will deine Braut werden, weil 
        du so brav bist, aber du mußt, um mich abzuholen, einen Wagen nehmen, 
        der mit einem schwarzen und einem weißen Ochsen bespannt ist, und 
        jeden mußt du täglich mit drei schwarzen und drei weißen 
        Bohnen füttern. Dann kannst du in der und der Nacht kommen und mich 
        heimführen. Aber Eines muß ich dir noch sagen: "Du mußt 
        mich mit über das Bett heraushangenden Haaren schlafen lassen. Würdest 
        du nur einmal meine Haare in's Bett legen, trifft Unglück mich und 
        dich."
        
        Er versprach ihr fest und heilig, ihren Wunsch stets zu erfüllen, 
        that nach ihrem Gebote und holte sie in der bestimmten Nacht mit dem befohlenen 
        Gespann ab. Sie wurde nun sein Weib und eine schönere Bäuerin 
        war auf Gottes Erdboden nicht zu finden. Glück und Segen waren aber 
        mit ihr in Haus und Hof eingezogen. Wenn sie schlief, hiengen ihre goldfarbigen 
        Haare über den Bettrand hinunter, so daß sie den Boden berührten. 
        So lebten sie lange glücklich und zufrieden und ihre Ehe war mit 
        allerliebsten Kindern gesegnet. In einer Nacht aber, als das goldblonde 
        Haar des Weibes gar schön im Mondscheine glänzte, kam dem Manne 
        der Gedanke: "Was würde sie thun, wenn ich ihr Haar hereinzöge 
        und es auf das Kissen legte?" - Er that es. Da sprang die Frau weinend 
        und jammernd auf und eilte in den Wald. Sie war für ihn verschwunden. 
        Nur, wenn der Mann abwesend war, kam sie in das Haus, ihre Kinder zu besuchen 
        und zu kämmen. Als dies der Bauer merkte, blieb er versteckt zu Hause 
        und wollte sein Weib fangen, allein es verschwand vor seinen Augen und 
        ließ sich nie mehr sehen, und über Haus und Hof kam Unglück 
        über Unglück, - nur die Kinder hatten Segen. (Aichleit.)
        
        
        Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben 
        von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 57, Seite 37.