Die Martlspitze

Bei Wiesing im Unterinnthale hielt sich eine Habergeis auf und schrie zur Nachtzeit ganz abscheulich. Ein Bursche, dem das Geschrei zuwider war, äffte sie nach und das trieb er einige Nächte hindurch. Einmal war er sogar aus dem Hause gegangen, um das unheimliche "Vieh" noch zorniger zu machen. Es war schon dunkle Nacht, als er im Walde draußen schrie. Da ward die Habergeis erbost, kam herbei geflogen, ergriff den Burschen und trug ihn auf die Martlspitze, wo er elendiglich zu Grunde gieng, denn es war ihm unmöglich, von der kahlen, steilen Spitze herunterzukommen, und so mußte er droben erhungern. (Bei Münster.)


Quelle: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz Vinzenz Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 298, Seite 179.