Die St. Leonhartskirche bei Kundl

Kaiser Heinrich II., der Heilige, reiste im Jahre 1004 auf seinem Zuge nach Wälschland an dieser Stätte vorüber; er gewahrte auf der sumpfigen Wiese nächst der Straße ein Steinbild des heiligen Leonhart, frei hingestellt auf offenem Felde.

Heiltumslaube © Berit Mrugalska
Die Heiltumslaube von St. Leonhard, Kundl
barocke Statue des h. Leonhard mit beschlagenen Opferstock
die Laube selber ist spätgotisch, Vgl. DEHIO-Tirol, 1980, S. 449
© Berit Mrugalska, 10. Mai 2005

Der Inn hatte vor undenklichen Jahren auf seinen Wellen das Bild wunderbar hergetragen, und die Gläubigen der Gegend zogen es an's Land und stellten es auf der nahen Wiese zur Verehrung auf. Da gelobte nun der fromme Regent, dem obdachlosen Heiligen zu Ehren eine Kirche zu bauen, wenn seine Angelegenheiten in Italien einen günstigen Ausgang nehmen würden. Günstig gieng alles von statten. Heinrich wurde zu Pavia zum Kaiser gekrönt; er ward aus einer gegen ihn angezettelten Verschwörung glücklich gerettet; er kam wohlbehalten nach Deutschland zurück. Doch seines Versprechens vergaß er im Schwalle der Sorgen und Geschäfte. Nach Verlauf mehrerer Jahre kam er abermal an derselben Stätte ober Kundl vorüber. Sieh', da fieng sein Leibpferd an sich zu bäumen und scheu zu thun, so daß dem Kaiser nicht geringe Gefahr drohte. Dies war ihm eine Mahnung. Er erinnerte sich seines vor Jahren gemachten Gelübdes, bereute eilig seinen Fehler und versprach, nicht länger mit der Erfüllung zu zögern. Und dann erhielt auch St. Leonhart bald seine Kirche auf der Wiese, ehrwürdig, wie sie heute steht. Noch sieht man dort innen im Kirchlein zur linken Seite ein Gedächtnißbild [Gedächtnisbild] mit einer das Obige bestätigenden Inschrift; sie lautet:

"Anno domini 1019 praesens ecclesia St. Leopardi a S. Henrico imperatore et anno 1020 a summo ponitfice Benedico VIII. Consacrata est."
(Pilger S. 129.)

Quelle: Sagen aus Tirol, Gesammelt und herausgegeben von Ignaz V. Zingerle, Innsbruck 1891, Nr. 887, Seite 515f.