Die Muttergottes und der Teufel

Lange Zeit bevor auf dem Burgstallschrofen das Kirchl gebaut wurde, hatte sich der Teufel dort einen Rastplatz eingerichtet, von dem aus er oft die Menschen und deren Tun beobachtete.

Wieder einmal wanderte er gegen Burgstall zu und stieg den Schrofen hinan. Auf der Kuppe fuhr ihm ein gewaltiger Schreck in die Glieder: Kniete da die Muttergottes, die Hände gefaltet und den Blick zum Himmel erhoben! Noch hatte sie ihn nicht bemerkt, und er war heilfroh darüber. Auf leisen Sohlen tappte er rückwärts durchs Gebüsch davon. Dabei aber tat er seinen Fehltritt und stürzte kopfüber die Felswand hinunter. Mit aller Kraft versuchte er, sich am Schrofen festzukrallen. Das Gestein aber war brüchig, und so kam er arg zerschunden unten an. Fluchend verschwand er in die Hölle und ließ sich beim Burgstallschrofen nie wieder blicken. Nur die Risse im Gestein, die seine Krallen hinterlassen haben, sind noch zu sehen. Und an jener Stelle, wo Maria gebetet hatte, sind im felsigen Boden die Eindrücke der Knie zurückgeblieben.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 89f.