Das Bäuerlein und die Greiner

Im Schlegeistal lebte vor Zeiten ein biederes Bäuerlein. Auf seinem kleinen Gut in Dornauberg hausten meist nur sein Weib und die Kinder. Er selbst arbeitete den Großteil des Jahres als Hüter und Putzer auf der Horbergeralm. Ein Kleinhäusler musste eben sehen, wie er sich durchfrettete.

Es war im Hochsommer. Im Talgraben tobte ein Gewitter, die Bäche schwollen an, Muren gingen nieder, und eine davon deckte seine Keusche samt Weib und Kindern zu. Als der Mann davon erfuhr, packte er voll Verzweiflung sein Bündel und verließ die Alm. Er wusste sich keinen Rat mehr. Tagelang irrte er durch die Wälder, bis er vor Erschöpfung zusammenbrach. Da stand plötzlich ein junger Jägersmann vor ihm und fragte, ob er helfen könne. Das Bäuerlein schilderte sein Los, da lachte der Jäger und meinte: "Wenn's weiter nichts ist, weiß ich wohl Rat. Euch fehlt's nur am Geld! Und weil ich genug davon hab', geb' ich gern einen Sack voll. Dafür müsst ihr mir aber nach eurem Tod hüten helfen."

Da wusste das Bäuerlein wohl, wen es vor sich hatte. Aber welche Wahl blieb ihm schon? Das Hüten bin ich gewöhnt, überlegte der Bauer, und für wen ich im Jenseits hüte, mag auch schon gleichgültig sein. Also schlug er ein. Im selben Augenblick lag ein Sack voll funkelnder Goldstücke vor ihm, der Jägersmann aber war verschwunden. Das Bäuerlein ging jetzt rasch ans Werk, baute Haus und Stall, kaufte Wiesen und Äcker, und übers Jahr gehörte ihm der reichste Hof im ganzen Tal. Die Zeit verfloss, das Alter kam, und der Bauer spürte, dass es allmählich zu Ende ging mit ihm. Da ließ er sich warme Sachen ans Bett bringen, einen gefütterten Mantel und eine Schafwollmütze dazu. Das wollte er mitnehmen ins Grab. Am nächsten Morgen war er tot und wurde in der Stube aufgebahrt. Am Abend desselben Tages aber erhob er sich von seinem Lager, zog sich die warmen Sachen an und schritt zur Tür hinaus. Langsam stieg er den Bergen zu, wo ein schwarzes Mandl auf ihn wartete. Da wussten die Leute, dass der Bauer seine Seele den Greinern verschrieben hatte, die in Schnee und Eis den Schatz des Teufels hüteten.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 127f.