DER BRETTFALL-EINSIEDEL

Der Einsiedel auf der Brettfall war ein rechtschaffener gottesfürchtiger Mann. Lange Jahre führte er ein friedsames Dasein. Friede und Frömmigkeit aber sind dem Teufel von jeher zuwider wie sonst nichts. Also schmiedete er an seinem Höllenfeuer einen Plan, um dem Klausner einigen Schabernack zu spielen und ihm das Leben zu vergällen. So schlüpfte er denn eines Tages durch ein Erdloch hinaus, fluchte über das helle Sonnenlicht und schlich auf verborgenen Pfaden zum Brettfallschrofen hinüber.

Der fromme Bruder dort hatte gerade sein Tagwerk beendet, saß auf der Bank vor der Klause und erfreute sich am goldenen Schein der Abendsonne, der die Bergspitzen ringsum erglühen ließ. Der Teufel duckte sich an den Fels und begann, mit seinen spitzen Krallen die Steine abzukratzen. So lang untergrub er die Bank, bis sie unter lautem Gepolter den Berg hinabkollerte. Wäre der Einsiedel nicht durch Gottes Fügung mit seiner Kutte an einem Baumstrunk hängen geblieben, er hätte den nächsten Sonnenaufgang wohl nicht erlebt. Fluchend über den misslungenen Anschlag, fuhr der Teufel zurück in die Hölle und tröstete sich damit, dem frommen Klausner wenigstens einen ordentlichen Schrecken eingejagt zu haben.

Nach einiger Zeit machte er sich von neuem auf den Weg zum Einsiedel. Der kniete gerade in der Kirche und verrichtete seine Andacht. Da schlüpfte der Teufel durch die Tür, näherte sich dem Betenden von hinten und zündete ihm mit feurigem Atem die Kutte an. Der Klausner war so in sein Gebet vertieft, dass er die Gefahr erst bemerkte, nachdem bereits der Bart Feuer gefangen hatte. Er stürmte zum Tor hinaus und sprang in das volle Regenfass. So rettete er sein Leben. Der Teufel schickte ihm ein höllisches Lachen nach und verschwand.

Beim dritten Mal aber zahlte es ihm der Einsiedel gehörig heim. Der Teufel wollte diesmal ganz besonders schlau sein und verwandelte sich zu diesem Zweck in eine Geiß. In dieser Gestalt, so dachte er, werde ihn der fromme und ahnungslose Bruder aufnehmen. Dann wollte er auf eine passende Gelegenheit warten, um dem Klausner den nächsten Streich zu spielen. Dieser merkte aber sogleich, wen er vor sich hatte, legte der Geiß den geweihten Kuttenstrick um und band das Vieh an einen jungen Tännling nahe am Abgrund. Als die Teufelsziege beim Grasen war, versetzte ihr der Klausner einen derben Tritt ins Hinterteil. Da verlor das Tier den Halt, flog über den Schrofen hinaus und baumelte mit heraushängender Zunge am Strick. Die Laute, die es dabei von sich gab, hatten mit dem Meckern einer Ziege gar keine Ähnlichkeit.

Da lachte der Einsiedel, dass ihm die Tränen in den Bart kollerten. Der Teufel aber musste ihm versprechen, ihn fortan ungeschoren zu lassen, dann erst schnitt der Einsiedel die Jammerziege los. Im selben Augenblick war das höllische Vieh verschwunden, und ein vor Wut schäumender Höllenfürst fuhr mit Feuer und Schwefelgestank in die Erde hinein.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 11