Die steinerne Stiege

Vor vielen Jahren, als die Kundler Straße noch nicht gangbar war, mußten die Wildschönauer teilweise über die sogenannte Stiege nach Kundl. Der Weg war wirklich einer Stiege oft ähnlich. Oft führten viele Stufen in die Höhe. Unterhalb der "Stiege" war ein tiefer Abgrund. - Einmal, so erzählt die Sage, mußte ein Bauer und sein Sohn über diesen Weg hinaus nach Rattenberg, denn der Vater sollte den Hof seinem Sohn übergeben. Der Vater aber wollte von der Übergabe nichts wissen, weshalb beide aufs Gericht von Rattenberg mußten. Doch das Gericht entschied zu Gunsten des Vaters und der Sohn bekam den Hof nicht. Als der Vater wieder heimzog, stellte ihn sein Sohn gerade am steilsten Abhang, wo 25 Stufen in die Felsen gehauen waren. Dort stürzte er seinen Vater hinunter, wo dieser lange leblos liegen blieb. Als sich der Vater wieder erhob, schlug ihn der Sohn vollends tot. Seit dieser Zeit ging ein Lichtlein von der 1. bis zur 25. Stufe, fiel dort herunter, wobei jedesmal ein furchtbares Geschrei und Klagen anging. Vielleicht mußte der ruchlose Sohn für seine böse Tat leiden! Der Spuk hat mit der Zeit aufgehört.

   Hans Hirner

Quelle: Der Sagenkranz der Wildschönau, in: Heimat Wildschönau, Ein Heimatbuch, Dr. Paul Weitlaner, Schlern-Schriften Nr. 218, Innsbruck 1962, S. 125 - 155.