Die armen Seelen in der Auffacher Kirche

In der Kirche von Auffach befindet sich auf dem Seitenaltar ein Mariahilfbild, in alter Zeit Mirakelbild genannt, zu dem früher viele Leute mit ihren Anliegen kamen.

Zur Nachtzeit an Vorabenden von Marienfeiertagen war stets die Kirche von selbst hell erleuchtet, so daß sogar noch bei den Dachlucken das Licht herausschien.

Man brachte diese Erscheinung mit dem Gnadenbild in Zusammenhang, doch niemand konnte das Rätsel lösen. Einige stellten die Behauptung auf, daß ein im Rufe der Heiligkeit verstorbener Vikar um Mitternacht die Messe für die armen Seelen lese und dabei die Verstorbenen zum Opfer gingen.

Der Totengräber, "Jörg der Bascht" genannt, wollte der Sache auf den Grund kommen und nahm sich ein Herz, mitternächtlich die Sache auszuforschen. Er beschaffte sich eine Leiter und stieg zum Kirchenfenster hinauf. Als er in die erleuchtete Kirche sehen konnte, sah er, wie ein Priester die hl. Messe las und die jüngst verstorbene Bäuerin ohne Kopf zum Opfer ging. Dann verlor er das Bewußtsein und fiel von der Leiter. Am nächsten Morgen fand man ihn schweißtriefend auf der Tenne eines Bauernhauses.

    Adolf Mühlegger

Quelle: Der Sagenkranz der Wildschönau, in: Heimat Wildschönau, Ein Heimatbuch, Dr. Paul Weitlaner, Schlern-Schriften Nr. 218, Innsbruck 1962, S. 125 - 155.