Die Sage vom Himmelreich

"Gelegentlich einer Besprechung meiner prähistorischen Ausgrabungen in Fritzens erzählte mir der Eigentümer Andrä Angerer, Moarbauer, daß er in seiner Jugend selbst noch eine Höhle im sogenannten Himmelreichschrofen gesehen habe, in welcher nach der Erzählung seiner Mutter zwei Fräulein gewohnt hätten, die beim Volke durch tätige Mithilfe bei notwendigen Arbeiten beliebt gewesen seien. Eine Nachfrage bei der 95jährigen Julie Singer brachte diese Ergänzung:

Eine Bauerstochter, die beim obigen Felsen, der heute als Steinbruch dient, vorbeikam, wurde von der dort hausenden Frau angerufen und gebeten, sie möge der am Wattenberge bei einem Bauern in Arbeit stehenden Gefährtin die Worte zurufen: "Du Imsel! Die Amsel ist gestorben!" Diese Nachricht habe bei der Imsel einen lauten Aufschrei ausgelöst, sie habe "aufgepackt" und sei mitsamt dei anderen seither verschwunden."

Himmelreich bei Wattens

Dr. Karl Steiner begibt sich am 27.Juli 1932 auf den Himmelreichbühel, um die dort vorhandene Moräne noch vor ihrer Abtragung zu fotografieren. Hier findet er Tonscherben und nahm von nun an den Fundplatz unter seine Obhut. Das Himmelreich wurde eine der reichsten vorgeschichtlichen Fundstellen Nordtirols. (Abb. aus Quelle unten)

Anmerkung: Aufgezeichnet von Dr. Karl Stainer (29.7.1868 - 18.1.1949). Dazu bemerkt Dr. Stainer: Das ist die Sage der "Wilden Fräulein" oder die "Saligensage", die R. Sinwel in den TH 1, 1923 und TH 5, 1927, S. 46 f., mit Hill-Oberau behandelt. Siehe auch Ignaz Ingruber, Osttiroler Heimatblätter 1924, Nr. 15 und 16.
Dr. Stainer versuchte auch die angegebene Höhle ausfindig zu machen. Die Suche war jedoch erfolglos. Ein früher bestandener Überhang an den Schroten, der vielleicht darunter verstanden worden sein konnte, ist einen Versuch, den Steinbruch nach Westen auszudehnen, zum Opfer gefallen.

Quelle: Die Altertümer vom "Himmelreich" bei Wattens, Ein Beitrag zur Vorgeschichte des tirolischen Unterinntales, Karl Sinnhuber, Schlern-Schriften Nr. 60, Innsbruck 1949.