Das "Wildgfahr"

Eine teuflische Erscheinung ist das "Wildgfahr", ein Zug höllischer Geister, die unter greulichem Gsteapr nächtlicherweile daherfahren und jedem, der sie absichtlich beobachtet, irgend ein Leid antun, daß er gewiß sein Lebtag daran denkt. Hier und da sieht man an der Spitze des Zuges den grünen Jäger oder eine andere Teufelsgestalt auf einem Gaule vorausreiten, dem dann ein unentwirrbarer Knäuel von Gespenster- und Hexenkunter folgt. Andere sagen, das Wildgfahr sei ein Karren, der wie der Wind dahersause und auf dem eine Menge kohlschwarzer Vögel sitzen. Wieder andere halten es für einen achtfüßigen Gaul, der ein ähnliches Geräusch verursache, wie wenn man mit der Hand über einen Pergamentbogen streichen würde, nur daß es einem durch Mark und Bein gehe. Überhaupt erscheint das Wildgfahr beinahe in jedem Orte und in jedem Tale anders.

Quelle: Das "Wildgfahr" , Dörler, Tiroler Teufelsglaube, ZfVk. 9, 1899, 366 zit. nach Will-Erich Peuckert, Ostalpensagen, Berlin 1963, Nr. 240, S. 134