Der Alberfleck (Lindwurm)

Der Piz Mondin liegt nordwestlich von Nauders in der Schweiz, und gegen Nauders zeigt er seine Zinnen. Der Piz Lat [Piz Lad] liegt in Tirol südwestlich von Nauders.

Piz Lad © www.SAGEN.at

Piz Lad (2808 m), Ansicht vom Heiligbaumboden, Nauders, Tirol
© Berit Mrugalska, 17. September 2004

Im Valdigesteitale und in den anliegenden Wiesen von Ferrates sieht man oft, wenn das Gras am schönsten ist, ausgebrannte Flecke auf den Wiesen. Diese Flecke nennt man auch heute noch die Alberflecke. Diese Flecke macht der Erzdrach in der Nacht, wenn er von einem Berg auf den anderen fliegt und auf den Wiesen von Ferrates sich niederhockt und ausruht, denn er ist ganz feurig und macht, wo er sich hinsetzt, genau den halben Mondschein, das heißt, das Gras ist in Gestalt einer halben Mondsichel ausgebrannt. Der Alberfleck ist gegen 30 cm breit und gegen 7 m lang. Ringsum ist alles grün. Bisweilen sieht man einen ganzen Ring, aber selten. Jedes Jahr macht der Erzdrach einen oder zwei Alberflecke, manches Jahr mehrere, man hat schon zwölf gezählt. Die Flecke sind ganz regelmäßig beieinander, einer hinter dem anderen. Die Alberflecke findet man nur auf diesen Wiesen. Nach sieben Jahren wächst wieder Gras auf dem Alberfleck, viel dichter, höher und grüner als das andere, so daß man die Form auch dadurch noch erkennt. Die unwissenden Bauern, erzählte einer, meinen, der Alber sei der Teufel, aber das ist nicht wahr. Der Alber ist der Erzdrach oder Luftdrach, welcher sich in den tiefsten Klüften der höchsten Berggipfel aufhält, wohin kein Mensch gelangen kann. Seine Nahrung ist nur Erz, das schmilzt in seiner Glut zu reinem Gold. Sein Lager ist reines Gold. Wenn jemand das Lager des Erzdrachen finden würde, wäre er der reichste Mensch auf der Welt. Der Erzähler behauptet dann, den Alber selbst gesehen zu haben, als dieser seinen gewöhnlichen Weg vom Piz Mondin nach dem Piz Lat flog. Es war wie immer, wenn der Alber fliegt, Nacht. Zuerst rötete sich der Gipfel des Piz Mondin, der Glanz wurde immer stärker und dauerte wohl eine Viertelstunde, dann flog der Alber, ein feuriger Klumpen mit langem feurigen Schweif, gegen Piz Lat und senkte sich in Ferrates nieder, wo er dem Auge entschwand.

Quelle: Dr. Hermann v. Tschiggfrey, Nauders am Reschen-Scheideck, Tirol, Innsbruck 1932, S. 49f.