DER LUSTIGE SCHNACKLER

Schnalzen mit den Fingern und mit der Zunge heißt man Schnackeln, worin die Bauernburschen es oft zu einer großen Kunstfertigkeit bringen und mit solchen Trillern bei der Tanzmusik gerne ihre Schuhplattler begleiten, worauf dann ein G'sangl folgt.

Auf der Griesener Alpe im Kaiserbachtal war einst ein lebensfroher, junger Schäfer, der konnte gar so prächtig schnackeln und auch recht schön singen. In der Einsamkeit, zwischen Felsränden über Stein- oder Schneekare mit seinen Schafen ziehend, schnackelte und sang er oft so laut, daß man ihn weitum hörte. Doch auf einmal - es war Hochsommer 1865 - war er ernst und nachdenklich geworden. Vom Senner über den Grund seiner Verstimmung befragt, sagte er zu demselben vertraulich: "Ich weiß gar nicht, was das ist; wenn ich im Berg so lustig schnackle, nachher macht mir es jetzt immer einer nach, und je stärker ich schnackle, desto lauter schnackelt er auch. Es ist dieses kein Widerhall, denn den kenne ich zu gut; es ist jemand, der mir dieses nachmacht, und doch ist weitum kein Mensch zu erblicken. Aber nur an Freitagen schnackelt er mir so nach, jeden andern Tag kann ich schnackeln, wie ich will, da hör' ich nichts."

Bald darauf, an einem Freitag, stürzte er samt einem Schafe von einer hohen Felswand ab und beide wurden zerschmettert in einem tiefen Abgrund gefunden. Ob das Schaf die Ursache seines Sturzes war, oder ob, wie andere glauben, irgendein Berggeist, dem dieses frohe Treiben in dieser tiefernsten Natur an Freitagen nicht gefiel, ihn mit seinem rätselhaften Schnackeln neugierig gemacht und so in den Tod gelockt hat, das weiß niemand. Sein Freund, der Senner auf der Ranggen-Alpe, hörte nachher noch oft recht schön singen, aber nur während er melkte; hörte er zu melken auf, um zu horchen, so hörte auch der Gesang auf. "Ich glaube gewiß an keine Geistergeschichten, aber sonderbar war die Sache doch," so schloß der Senner auf der Griesener Alpe seine Erzählung vom lustigen Schnackler.


Quelle: Sagen aus dem Kaisergebirge, Anton Karg, Kufstein 1926, Seite 46f.