Die Runsa

Vor 60 bis 70 Jahren hütete der "alte Knappeler" (eigentlich hieß er Martin Moser) die Ochsen bei der sogenannten Ochsenhütte über dem Rauschbrunnen unterm Klamm-Eck. Dort hörte er bisweilen wunderschöne Musik. Einmal aber fühlte er sich versucht, zu selbiger Musik den Takt zu pfeifen, da traf er's schlecht, denn da entstand droben in der Klamm und auf der hohen Wart ein brausen in der Luft, als komme die Runsa, und die Ochsen und das Weisevieh kamen wild brüllend vom Weideplatz daher gestürmt und wurde ein gräuliches Wetter und schossen Muren und Runsen nieder und fiel Hagel in faustgroßen Stücken. Gerade trank des Knappelers Bub aus einem Buttermilchschaffl, dem drückte es mit Gewalt den Kopf ins Schaffl hinein, daß er fast erstickt wurde. Seitdem ist der Knappeler pfiffig geworden, und hat nicht wider gepfiffen, wenn er droben über sich die Hexenmusik hörte.

Quelle: Mythen und Sagen Tirols, gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Zürich 1857, S. 295