St. Mang und der Drache

Der heilige Magnus (Mang) kam in die Gegend, wo jetzt Reutte und Füssen liegen. Allda hub er sich mit seinen Brüdern auf den Weg nach einer wüsten Stätte, um dort heimlich des Gebetes zu pflegen. Es lag aber ein gewaltiger Drache an einem wüsten Ort, der ließ niemand den Weg gehen. Und der Heilige sprach zu seinem Begleiter Toto:

"Lieber Bruder, wir bleiben die Nacht hier und beten, dass uns der Herr die Macht verleihe, das wilde Thier [Tier] zu bestehen."

Wetterfahne Magnus
Die Wetterfahne von St. Mang in Füssen zeigt den Heiligen, wie er mit Lanze
und Kreuz den Drachen überwindet

© Berit Mrugalska, Mai 2006

Toto meinte, der Drache werde sie beide verderben, wollte aber den Heiligen nicht im Stiche lassen und blieb bei ihm. Der Heilige steckte geweihtes Brot in seine Tasche, nahm Harz und Pech in die eine Hand und hieng ein Kreuz an seinen Hals. In der anderen Hand führte er den Wunderstab des heiligen Gallus. Als er in die Nähe des Drachenlagers kam, gab er etwas vom gesegneten Brot in seinen Mund und machte ein Kreuz vor sich. Und da ihn der Drache sah, stund er stracklich [sic] gegen ihn auf und wollte mit aufgesperrtem Rachen auf ihn losschießen. Da nahm der Heilige Harz und Pech, warf es dem Unthier [Untier] in den Rachen und sprach:

"Herr, mein Gott, komm deinem Diener zu Hilfe!"

In dem ward der Drache brennend und verdarb. Darnach giengen sie beide zum Felsenloch, darin der Wurm gehaust, und trafen vor demselben einen großen und breiten Apfelbaum mit vielen reifen Äpfeln. St. Mang hieng das Kreuz daran, so er am Halse getragen, und erbaute an der Stelle ein Münster für fromme Brüder aus der Nachbarschaft, das auf seine Bitte der Bischof Wikterp zur Ehre unserer lieben Frau und St. Florians, des Märtyrers, einweihte.


St. Mang
Die Kirche St. Mang in Füssen
© Berit Mrugalska, Mai 2006

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897, Nr. 2, S. 10