Von den Hexen in der Wildschönau Vers. I.

Sieht man in der Wildschönau ein böses Wetter aufsteigen, so ist man schnell fertig mit der Erklärung desselben; ein Gewitter nämlich kann nur von den Hexen herrühren. Besonders gram sind die Hexen den Wetterglocken von Ruf, denen das Volk die Gewalt zuschreibt, Hagelwetter zu vertreiben. Sie kommen hin und wieder in den Thurm [Turm] und machen die gewaltigsten Anstrengungen, aus dem Mantelsaum der Glocke ganze Stücke herauszubeißen, was ihrem teuflischen Zorn manchmal, auch gelingt.

Auch in der Wildschönau glauben die Leute, im Kreisel des Sautreiberwindes, wie man dort den Wirbelwind zu nennen pflegt, sei eine Hexe. Einmal gieng [sic] dieser Wind so stark, wie noch nie; da warf ein Bauernknecht zornig sein Pinzger Messer mitten in den Wirbelsturm hinein und traf wirklich die Hexe, welche aus dem Wirbel heraus und todt [tot] zu Buden fiel.

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897,
Nr. 76, S. 109