Der feurige Hund

In der Nähe von Rattenberg lebte ein überaus geiziger Mann, der sich und andern nichts gönnte. Bevor er sein Stücklein Brot, dessen er vollauf hatte, zu essen wagte, wurde es hart wie sein Herz und schimmlig. Wenn ihn ein Armer um Almosen bat, wies er ihn mit harten Worten von sich. Endlich starb der reiche Geizhals vor lauter Hunger und musste in Gestalt eines feurigen Hundes in seinem Hause büßen. So saß er nun als Schatzhüter auf seiner Geldtruhe, und niemand getraute sich in das Haus. Endlich kamen zwölf Geistliche, um den Hund wegzubringen. Sie warteten unter Gebet bis Mitternacht, als auf einmal der Hund, fürchterlich bellend, dahersprang und sich auf die Kiste setzte. Die Geistlichen aber verbannten ihn auf das Sonnewendjoch hinauf, wo er von da an allnächtlich zwischen zwölf und eins bellend sich herumtreibt.

Quelle: Volkssagen, Bräuche und Meinungen aus Tirol, gesammelt und herausgegeben von Johann Adolf Heyl, Brixen 1897,
Nr. 17, S. 60