Der Schatzhüter von Gerlos

Auf einer Waldlichtung hinter Gerlos saßen einmal drei Holzknechte beim Mittagsmahl, als ein weißhaariges Mandl angekeucht kam. Es trug einen schweren, mit Gold und edlem Gestein gefüllten Sack auf dem Rücken. Das Mandl stellte seine Last vor den Holzknechten ab und sagte: "Das alles soll euch gehören. Ihr müsst mir aber dafür eine Messe lesen lassen und die Armen beteilen. Euch selber bleibt dann immer noch genug." Damit ließ er den Sack mit dem Schatz zurück und verschwand zwischen den Bäumen.

Die Sache gefiel den Holzknechten nicht übel. Sie ließen Säge, Beil und Sapin liegen, nahmen den Sack und sprangen hinunter nach Gerlos. Bald aber gerieten sich zwei von ihnen in die Haare und wälzten sich auf dem Boden, der dritte wartete ab, bis einer der beiden überwältigt war. Dann schlug er den anderen nieder, warf sich den Sack über die Schultern und machte sich durch den Wald davon. Er ließ weder eine Messe lesen, noch gab er den Armen von seinem Reichtum, vielmehr lebte er in Saus und Braus in den Tag hinein.

In einer mondlosen Nacht stand der Schatzhüter in seiner Kammer, erwürgte ihn und warf die Leiche in den Gerlosbach.

Quelle: Hifalan & Hafalan, Sagen aus dem Zillertal, Erich Hupfauf, Hall in Tirol, 2000, S. 62ff.