DER ERLER GLOCKENFALL



© Katharina Kitzbichler


Einstmals, vor sehr langer Zeit,
stand auf der Anhöhe, von Erl nicht weit,
eine Kapelle, schon recht morsch und alt,
am Rainerkogel, über dem Wald!

Eines Tages zog ein Sturm über das Land,
der Turm hielt diesem nicht mehr stand.
Mit Getöse krachte er zusammen,
die Glocke stürzte aus dem Rahmen.

Sie kollerte mit lautem Klang,
am steilen Bergkogel entlang,
hinunter in das tiefe Tal,
das war ein echter Glockenfall!

Sie kollerte so tief und weit,
in rasender Geschwindigkeit,
bis in des Tales Schoß,
wo sie versank im "Rassen Moos!"

In stillen Nächten hört man auch noch heute,
ihr feines, liebliches Geläute!
Ganz dumpf, wie aus der Weite,
klingt sie uns allen zum Geleite!

KK



Der Glockenfall,
Federzeichnung
©
Katharina Kitzbichler




Anmerkung: "Rassen Moos" war ein sumpfiges Feld unterhalb des "Rainerkogel" = (besagte Anhöhe oberhalb des Ortes Erl.)
Die Sage vom Erler Glockenfall wurde von den Erler Festspielen als Eröffnungsmotto gewählt.


Quelle: Gedicht nach mündlicher Überlieferung, email Zusendung, Copyright Katharina Kitzbichler

Kathi Kitzbichler, "Gedichte frein zum Strauß gebunden"
2000 Edition Tirol, ISBN 3-85361-054-4
dritter, eben erschienener, Gedichtband der Tiroler Dichterin.