Hexen in Katzengestalt II

Im Dorfe Reith bei Zirl lag einst eine Bäurin krank darnieder. Sie hatte zu ihrer Bedienung eine Wärterin, die ihr auch kochte. Wenn nun dieselbe die Speisen zubereitete, saß immer eine große, kohlschwarze Katze auf dem Herde. Das Thier schien neugierig alle ihre Bewegungen zu beobachten und streckte manchmal den hals, um in die Pfanne hineinsehen zu können. So oft die Frau das Vieh wegjagte, es kam doch zu ihrem größten Verdrusse immer wieder. Als sie einmal eine Pfanne voll heißen Schmalzes auf dem Dreifuß über dem Feuer hatte, und die Katze schon wieder auf dem Herde hockte, goß sie zornig den ganzen Inhalt der Pfanne dem lästigen Thier auf die Vorderfüße. Dieses sprang jetzt vom Herde und lief kläglich miauend zur Thüre hinaus. Nachdem die Speisen gar gekocht waren, trug sie dieselben zur Kranken hinein. Die Bäurin wollte aber nicht essen und hatte auch die Arme beständig unter der Bettdecke. Da jedoch das Weib nicht nachließ zu bitten, sie solle die Speisen doch nicht kalt werden lassen, zog sie endlich die Hände hervor und siehe da! sie waren ganz mit Brandwunden bedeckt. Nun wußte die Wärterin, daß die Bäurin eine Hexe war.

Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 103/3.