Der geheimnisvolle Mäher

Ein Bauer von Natters gieng einmal, als der tag noch nicht angebrochen war, mit der Sense hinaus auf seine Weise, um zu mähen. Als er eine Zeit lang gearbeitet hatte, hörte er hinter sich noch einen "Moder" und schaute sogleich zurück. Der andere aber wandte im selben Augenlick sein Gesicht ab, und de Bauer mähte wieder weiter. Die Neugierde ließ ihm aber keine Ruhe und er blickte noch einiegemal nach ihm um, doch der räthselhafte Mäher wandte ebenso oft seinen Kopf nach rückwärts. Der Bauer beeilte sich nun aus Leibeskräften, mit seine Mahde fertigzuwerden, damit er wieder eine neu beginnen könne. Dabei mußte er nämlich an ihm vorbeikommen und hoffte ihm dann wohl ins Gesicht sehen zu können. Allein hierin täuschte er sich; denn wie er der andern Seite seines Gutes zuschritt, blickte er scharf nach dem Unheimlichen hin, doch dieser kehrte ihm den Rücken. Das Vergebliche seiner Bemühungen einsehen ließ er ihn gewähren und mähte mit ih um die Wette, so daß die Arbeit bald fertig gewesen wäre. Kaum schlug jedoch die Glocke zum Betläuten an, so hörte letzterer zu mähen auf und war bald darauf verschwunden. Hätte ihm der Bauer schnell "vergelt's Gott" zugerufen, wäre die arme Seele erlöst gewesen und das Gras abgemäht geblieben, so aber war es, als ob ihm der Geist gar nicht geholfen hätte*).

*) Hauser, Sagen aus Paznaun und dessen Nachbarschaft Nr. 61

Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Nr. 26.