DIE "G'FRÖRTEN" JÄGER

Vor Jahren trieb ein Wildschütz auf dem Höttinger Berg sein Unwesen. Als er eines Abends wieder auf die Höttinger Alpe kam und seine müden Glieder auf dem Heu ausstreckte, stürzte plötzlich ein Senner zu ihm herein und rief: "Die Jager kemmen!"

Höttinger Alm, Luftbild ca 1920

Höttinger Alm
Luftbild ca 1920, Sammlung Stadtarchiv Innsbruck

Der Wilderer aber entgegnete mit der größten Ruhe: "Los se nar kemmen; i fürcht' mir nit!" Als die Jäger den Wildschütz erblickten, meinten sie triumphierend: "Aha, hommer'n iatz, n'Recht'n!" Er gab es ihnen auch zu und bat nur noch um die Erlaubnis, den Tabak aufschneiden und sein Pfeiflein stopfen zu dürfen. Sie erlaubten es ihm und lagerten sich um das Feuer. Da erhob sich der Wilderer uns schritt zur Thüre hinaus. Die Jäger wollten ihn aufhalten, allein es konnte keiner mehr ein Glied bewegen, denn der Schlaue hatte die Zeit genützt, sie zu "g'frören". Erst als er ganz in Sicherheit war, las er den Zauberspruch, mittels dessen er sich aus der Klemme geholfen hatte, wieder zurück, und die Jäger konnten sich wieder rühren. Hätte er vor Sonnenaufgang die Zauberformel nicht mehr zurückgelesen, wären alle "G'frörten" gestorben.


Quelle: Sagen aus Innsbruck's Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Zillerthales. Gesammelt und herausgegeben von Adolf Ferdinand Dörler, Innsbruck 1895, Seite 104