Ein Zillertaler betrügt den Teufel

Die Zillertaler sind, wie bekannt, gar lustige, aufgeweckte Leute, und klug sind sie und singen und jodeln, daß's schon eine Freude ist; aber wie der Bauer und Hofbesitzer "Zu Häusling" den Teufel geprellt hat, das geht noch über alles! Häusling liegt auf dem Brandberg hinter Mayrhofen im Zillergrund, und der Häuslingbauer saß gerne in den Brennhütten auf den dortigen Alpen herum oder weiter im Tal drunten beim Wirt, nur am seltensten war er daheim zu finden, daher kam seine eigene Wirtschaft herab, ja es kam schon so weit, daß die Gläubiger dem Häuslinger alles Korn nahmen, als er just seine Felder bestellen wollte, daher wußte er nicht, wie und was er nun aussäen sollte. Es war ihm recht langweilig zumute; daher setzte er sich an den Branntweintisch und trank so viel Enzianbranntwein, bis er einen ehrlichen Dusel bekam, und im Dusel warf er hin, daß er ewig dankbar sein würde, wenn ihm jemand helfen täte und wenn es auch der Teufel wäre. Wie er das redet, da geht die Türe auf, und der leibhaftige "Gottseibeiuns" tritt ein und setzt sich ihm zur Seite, klopft ihm dann zutraulich auf die Schulter, und sie redeten und redeten miteinander so fein, als ob sie alte Schulkameraden wären. Endlich kamen sie überein, daß ihm der Teufel Geld "grad gnuagalat" verschaffen wolle, um Samenkorn einkaufen zu können, jedoch gegen das, daß der Häuslinger dem Teufel die Hälfte von der Ernte überlassen müsse. Hierauf tranken sie mitsammen den Leihkauf, der Teufel übergab dem Bauer das Geld und ging hohnlachend davon, denn er gedachte den guten Freund nach und nach in die Schlinge zu bringen, welcher noch während der ganzen Nacht "Nikal, Nakal, no a Frackal" fortmachte. Nach einigen Tagen bestellte der Häuslinger seine Felder und Äcker und war froher Dinge. Als die Erntezeit kam, befahl er Knecht und Magd, den Weizen just in der Mitte mit der Sichel abzuschneiden, und fuhr dann mit dem Oberteil, mit den Ähren, heim. "Hier ist deine Hälfte", sagte er zum Teufel, der um seinen Anteil gekommen war, und wies auf die langen Stoppeln. "Laß geschwind ernten, Freund, sonst kommen die Spatzen drüber", föppelte der Zillertaler noch. Der Teufel schnitt ein grimmes Gesicht, weil er sah, daß er angeführt worden war. Der Bauer aber fragte den Überlisteten, ob er den Vertrag auch fürs nächste Jahr gelten lassen wolle. "Ja", sagte dieser; "'s nächste Jahr nehme ich die obere Hälfte, und du nimmst die untere."

"Es gilt schon", antwortete der Bauer, und sie schieden. Als der Frühling gekommen war, pflügte der Häuslinger die Äcker, bepflanzte sie aber mit Erdäpfeln und Rüben und nahm im Herbste, wie festgestellt worden war, die untere Hälfte für sich, und der Teufel hatte nichts als das Kraut und Blätter und wurde so zum zweiten Male geprellt. Da fuhr er mit Gestank ab und will mit keinem Zillertaler mehr etwas anfangen, und seither nennt man die Leute, welche sich überlisten lassen, dumme Teufel. Auch ist ein Sprüchlein in den zwei Nachbartälern, dem Ziller- und Alpbachtale, im Gang, welches vermutlich seit diesem Vorfalle datiert und heißt:

"Derwei die Alpböcker [Alpbacher] 'n Tuifl oanmal anschmian, derwei hot'n a Zillarschtola schon zwoamal betrog'n!"

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 63