Des Nörggleins Klage

Bei Münster, einem Pfarrdorfe im Unterinntale unweit Rattenberg, breitet sich als eine weite Fläche im heiteren Flußtale die Egerern Wiese aus. Dort herum hauste ein uraltes Nörgglein, das kauerte nachts am Achenrain, blickte nach der hohen Bergspitze des Tristkopfes im Zillertale und weinte und schrie gar oft ganz kläglich durch Nacht und Nebel:

O mein Gott, wia bin i so alt!
Denk' die Egererwies' 9mol Wies' und 9mol Wald
Und den Tristkopf
Kloan wia a Kitzkopf!
O mein Gott, wia bin i so alt!

Es ist ein eigener Zug in der Tiroler Volkssage, daß solche Nörgglein- und Wichtleinsklagen an so vielen weit voneinander gelegenen Orten in verwandter Weise sich wiederholen.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 56