Das wundertätige Kreuz

In der Pfarrkirche zu Rankweil befindet sich ein hölzernes Kreuz, das durch die Schenkungen frommer Wallfahrer gar zierlich mit Silberblättchen und Glasgemmen geschmückt ist und an Kranken viel wundersame Heilungen hervorgebracht hat.

Opferstock "Wallfahrtsopfer"  © Berit Mrugalska
Opferstock "Wallfahrtsopfer" in der Basilika Unsere Liebe Frau Mariä Heimsuchung, Rankweil
© Berit Mrugalska, 16. Oktober 2005

Dieses wundertätige Kreuz wurde von dem Wildbach Früdisch, der mit großem Getöse vom Berge niederstürzt, durch ein tiefes Tal herausrauscht und, der Frutzach zuströmend, die zwei Gerichte Rankweil und Sulz scheidet, auf den Wogen dahergeschwemmt und neben dem Dorfe Montlix nicht weit von einem Brunnen, der jetzt noch der Kreuzbrunnen heißt, ausgeworfen. Als das Kreuz gefunden wurde, erhob sich ein Streit zwischen Rankweilern und Sulzern, da beide das Heiligtum beanspruchten. Endlich wurde auf den Rat eines geehrten greisen Mannes dortiger Gegend das Kreuz auf den Wagen eines Ochsengespannes gelegt, mit der Bedingung, daß der Ort, wo die Ochsen von ungefähr oder durch Himmelsschickung stillestehen würden, die Verwahrungsstätte des kostbaren Fundes sein solle. Die Ochsen setzten mit dem Kreuze durch die Wogen der Früdisch und eilten dem schönen Frauenberge zu. Daher wurde das Kreuz in der Pfarrkirche zu Rankweil aufbewahrt. Als man hernach mit demselben eine Wallfahrt nach Maria Einsiedeln machte und über Nacht ausbleiben mußte, konnte am ändern Tage das Kreuz nicht mehr gefunden werden - es war verschwunden.

Das wundertätige Kreuz © Berit Mrugalska
Das wundertätige Kreuz in der Rankweiler Liebfrauenkirche
Berit Mrugalska, 16. Oktober 2005

Aber nachdem die hierüber Betrübten heimgekommen waren, fanden sie das teure Kleinod unversehrt an seiner erwählten Stelle in der Kirche. Von nun an wuchs das Vertrauen zu dem Kreuze täglich mehr und mehr, und es ist bis auf heute der tröstende Gegenstand für Gesunde und Kranke.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 222.