Die Freimannsgrube

Freimannsgrube heißt eine Höhle in der Stanzer Alpe, unweit Gmünd im rauhen Bergtal, welches die Hirten "'s Lisertal" nennen, an der Grenze von Tirol und Kärnten. In dieser Höhle ruht ein reicher Goldhort, den aber Schlangen, Drachen und andere Ungetüme hüten. Nur einmal alljährlich schlägt die Stunde, in welcher die Höhle offen und der Zugang zu derselben frei ist, aber niemand weiß, wann sie schlägt. Wer es trifft, dem fehlt es nicht. Mancher hat dort sein Glück versucht, man hat aber nie erfahren, ob auch nur einer es gefunden. Man erzählt folgendes:

Einst zur Kriegszeit brachte man alles Geld aus Gmünd zusammen, und wenige Männer verbargen es in genannter Höhle. Diese starben durch den Krieg, und niemand wußte später die Schätze. Endlich entdeckte dieselben ein Hirtenknabe oder, sagen manche, sie wurden ihm von einem Geiste gezeigt. Der Knabe steckte die Taschen voll an und ging damit auf Befehl des Geistes zur Obrigkeit, um die Anzeige zu machen. Von Obrigkeits wegen wurden 2 - 3 Männer mit dem Knaben zur Grube geschickt, um die Wahrheit der Anzeige zu erforschen. Da diese wirklich das Geld sahen, brachten sie den Knaben um und wollten das Geld für sich allein haben. Aber es ging ihnen übel, sie wurden zur Strafe ihrer Missetat vom Teufel zerrissen.

Von dieser Zeit an war die Grube nicht mehr zu betreten. Einmal wagte sich einer mit einem großen Hunde hinein, welchem er einen Sack angehängt hatte; aber während er mit Einfassen beschäftigt war, kamen plötzlich verschiedene Ungeheuer und warfen mit Steinen nach ihm. Er mußte entfliehen, und der Hund lief samt dem Gelde, welches er im Sacke hatte, davon. Übrigens hört man drunten in der Nähe der Freimannsgrube gar wenig mehr davon, und viele wollen der ganzen Geschichte keinen Glauben schenken.

Quelle: Deutsche Alpensagen. Gesammelt und herausgegeben von Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg, Wien 1861, Nr. 349.