Das ist von dir, Pfleger.

Ist einmal auf dem Steinschloß ein Pfleger gewesen, ein grausamer Mensch. Wenn er Gäste hatte, ließ er die Eßwaren von den Bauernhäusern der Umgebung zusammenholen, und keiner hat sich wehren dürfen. Ein kleines altes Bäuerle nun, der kaum das erntete, was er und die Seinen zum Leben brauchten, und überdies noch vom Schauer arg heimgesucht worden war, wehrte sich, als die Knechte des Pflegers kamen. Daher ließ ihn dieser erfassen, in Ketten legen und seine ganze Speiskammer ausräumen. Und als die Speisen im großen Rittersaal aufgetragen Murden, ließ der Pfleger den armen Bauern in Ketten in den Speisesaal schleppen und in ein Eck werfen. Und bei jeder Speise rief der Pfleger ihm zu: "Das ist von dir, Bauer."

Seufzend vernahm's der Bauer und ließ endlich den Kopf sinken, als die Mitternacht gekommen war; als der Pfleger ihm wieder zurief, tat der Bauer nichts dergleichen, und der Pfleger ließ ihn rütteln; der Bauer aber sank um, er war tot.

In seiner boshaften Grausamkeit befahl nun der Pfleger, den Toten aus dem Fenster über den Burgfelsen hinabzustürzen. Umsonst mahnte ihn seine Frau, mit Not, Gott und Tod solle man nicht spotten. Lachend erwiderte er ihr: "So soll er sich rächen" wenn er kann und mag".

Da erschütterte ein Erdbeben die ganze Burg, die Saaltür flog auf und eine Schar fremder, vornehmer Gäste trat ein, voran ein Ritter, das Visier vor dem Gesicht, die Damen tief verschleiert, Knappen, die Locken dicht vor dem Gesicht, und alle die Ankömmlinge setzten sich zum zweiten, leeren Tisch. Blasse Edelknaben trugen auf und deckten reichlich den Tisch. Als nun der Ritter aus der Schüssel nahm, rief er mit hallender Stimme zum andern Tisch hinüber: "Pfleger, das ist von dir." Und bei jedem neuen Gericht der unheimlichen Gesellschaft rief der Ritter das gleiche ihm zu, und jedesmal spürte der Pfleger einen unbeschreiblich wehen Stich, bald da bald dort. Um ein Uhr erhob sich die unheimliche Schar und verließ schweigend den Saal, als letzter der Ritter; er erhob vor dem Pfleger das Visier, und ein Totenschädel grinste ihm entgegen. Erschrocken blieben nun alle sitzen und keiner getraute sich vor Sonnenausgang den Saal zu verlassen. Mit Seufzen und Zittern verbrachten alle die Nacht.

Am nächsten Morgen aber hatte der Pfleger große Flecken am ganzen Leib. Er fragte den Bader, und dieser sagte ihm: "Das sind die Todesrosen; und wo die blühen, ist das Leben im Schwinden." Und kurz darauf starb der Pfleger.

Quelle: Burgsagen aus Steiermark, P. Romuald Pramberger, Seckau 1937, S. 38.
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